Krimi ist beliebtestes Hörbuch-Genre
- Hörer bevorzugen Krimi, Jugend-, Grusel- und Thriller
- Nicht nur „Drei ???“ und Co.: Hörer sind auch offen für unbekannte Produkte
- Informations- und Kaufverhalten ist hybrid (online plus offline)
- Preis: 12 Euro sind die Schallgrenze
Berlin, 30.9.2014 – Die Frankfurter Buchmesse, Handelsplatz der Verlage und Agenten, bestimmt die Buch- und E-Book-Trends der kommenden Monate – welches Genre ist gefragt, welches nicht? Eine aktuelle Untersuchung geht dieser Frage bei hörbarer Literatur nach: bei Hörspielen und Lesungen auf CD oder als Download. Im Ergebnis sind Krimis das beliebteste akustische Genre. Es folgen Kinder- und Jugendgeschichten, Horror- und Gruselstorys sowie (Psycho-)Thriller. Die Hoerspiel-Gemeinschaft e.V., ein gemeinnütziger Verein, der sich für das Medium Hörspiel engagiert, hat im Vorfeld der Messe eine entsprechende Umfrage durchgeführt.
Insgesamt 431 Menschen aus dem deutschsprachigen Raum haben teilgenommen. Sie haben in den vergangenen 12 Monaten rund 8.300 Hörbücher erworben. Drei Viertel davon waren Hörspiele, ein Viertel Lesungen. „Hörspiele im Sinne der Umfrage sind Geschichten, die mit verteilten Rollen eingesprochen und mit Soundeffekten und Musik unterlegt sind. Bei Lesungen liest meist nur ein Sprecher“, sagt Oliver Wenzlaff. Er ist Beirat in der Hörspiel-Gemeinschaft und hat die Umfrage initiiert. „Die Abgrenzung mag trivial klingen. In der breiten Öffentlichkeit wird die Lesung aber nach wie vor oft mit dem Hörspiel gleichgesetzt.“
Offenheit für Neues
Weitere Ergebnisse der Umfrage: Gerade im Hörspielbereich sind und bleiben Serien beliebt. Bekannte Reihen wie beispielsweise die „Drei ???“, „John Sinclair“ oder auch „Benjamin Blümchen“ stehen bei den Umfrageteilnehmern tendenziell im Fokus. Die Hörer sind aber auch offen für Neues: Immerhin 27 Prozent der Befragten geben an, dass sie unbekannte Produktionen kleinerer Labels hören – und zwar etwa genauso häufig wie die teilweise schon legendären Serien. Weitere 12 Prozent legen gar den Schwerpunkt auf Produkte kleinerer Verlage. Bemerkenswert ist zudem, dass rund die Hälfte der Befragten schon einmal ein zeitgenössisches Hörspiel für Erwachsene gehört hat. „Oft heißt es, das Hörspiel sei ein Relikt vergangener Tage oder nur etwas für Kinder. Die Umfrage zeigt hier, dass das nicht stimmt“, so Wenzlaff. Viele Teilnehmer hätten aktuelle Romane beispielsweise von Frank Schätzing oder Ken Follett als Hörspiele gehört. „Sie verweisen außerdem auf Hörspielklassiker oder Produktionen öffentlich-rechtlicher Radiosender, die sich an ein erwachsenes Publikum richten.“
Das Netz als Quelle
Aufmerksam werden die Hörer auf die Hörstücke meist über das Internet. Etwa 56 Prozent der Befragten informieren sich über Online-Rezensionen und Berichte im Netz sowie Forumsdiskussionen. Auch Banner-Werbung im Web scheint wirkungsvoll – sie spielt für 29 Prozent eine Rolle. „Da es sich um eine Online-Umfrage handelte, könnte das Bild hier allerdings zugunsten der Internet-Angebote verzerrt sein“, schränkt Günter Rubik ein. Er ist Vorstand der Hörspiel-Gemeinschaft. Wichtig bleibe in jedem Fall die klassische Mund-zu-Mund-Propaganda – das bestätigen 53 Prozent der Befragten. Viele Käufer probieren aber auch einfach ihr Glück und setzen auf „Blindkäufe“ von Produkten, weil man schlicht neugierig ist. Dies trifft auf 36 Prozent der Teilnehmer zu. Viele stöbern auf Flohmärkten oder Messen, wühlen in Bücherkisten oder folgen Empfehlungen aus Podcasts, Youtube oder Facebook. Auch Newsletter oder die Websites von Verlagen sowie das Angebot in Bibliotheken und im Radio (inklusive der Downloadmöglichkeiten) wurden als Informations- und Bezugsquellen genannt. Insgesamt informiert man sich also sowohl online als auch offline.
Hybrides Einkaufsverhalten
Ähnliches gilt für das Einkaufsverhalten: Gekauft werden Hörstücke sowohl online im Web-Shop als auch offline im stationären Handel. Jeder zweite Befragte setzt auf die Kombination von virtuellen und physischen Shops. „Der Kunde hält seinem Shop dabei nur selten die Treue“, interpretiert Günter Rubik die Ergebnisse. Man wechsle vergleichsweise oft zwischen den Anbietern, egal ob physischer Laden oder Online-Shop. „Große Auswahl, niedriger Preis – das sind die Erwartungen der Umfrageteilnehmer, und sie decken sich mit unseren Beobachtungen in der Praxis.“ Speziell für Online-Shops wünschen sich die Teilnehmer: Bequem und schnell muss es sein, zudem sind Bewertungen der Hörstücke wichtig. Kundenmeinungen scheinen hier (wie in anderen E-Commerce-Bereichen auch) ein wichtiger Gradmesser zu sein. Neben den Anforderungen der Käufer offenbarte die Umfrage eine gewisse Unzufriedenheit der User, was die etablierten Online-Shops betrifft. „Das fängt schon bei Mängeln in der Übersichtlichkeit und Sortierung an“, sagt René Wagner, ebenfalls im Vorstand der Hörspiel-Gemeinschaft. „Nur wenige Portale und Shops scheinen für die Wünsche der Hörbuchkäufer optimiert zu sein. Oft muss man sich durch einen Angebots-Dschungel kämpfen.“ Wagner sieht hier noch Verbesserungspotenzial: „Online-Käufer können ähnlich wie im stationären Handel an die Hand genommen werden, um ihnen die Auswahl zu erleichtern.“ Vielleicht gelinge es so, die Treue der Kunden zu verbessern.
Preis: Bitte unter 12 Euro
Aus Sicht der Käufer sind gute Preise ein wichtiges Kriterium – aber was konkret ist ein guter Preis? Die Mehrheit der Teilnehmer sieht bei 12 Euro die Schallgrenze. Abgefragt wurde der Preis exemplarisch für ein Hörstück mit 50 bis 60 Minuten Länge. Einzelne Teilnehmer haben zudem den Wunsch nach einem Gratis-Download als Zusatz zum CD-Kauf geäußert. „Die Idee, Downloads kostenlos zur CD zu erhalten, wäre ein Mehrwert für den Kunden ohne zusätzliche Kosten für den Verlag“, so Rubik. Allerdings dürfte die Idee nicht ganz einfach zu realisieren sein. Ein Problem sei, dass nicht alle Online-Shops die technischen Möglichkeiten für Downloads haben. Zudem werde der Vertrieb von Downloads meist getrennt über ein anderes Unternehmen abgewickelt als der Vertrieb von CDs. Es könne juristisch kompliziert werden, weil sich Vertriebe häufig die Rechte exklusiv sichern. „Trotzdem ist die Idee gut, vor allem bei Verlagen, die beim digitalen Vertrieb inhouse mit eigenen Mitarbeitern arbeiten. Da kann man dann am leichtesten eine Lösung finden.“
Über die Umfrage
431 Menschen aus dem deutschsprachigen Raum haben sich an der Umfrage beteiligt. Sie haben in den vergangenen 12 Monaten insgesamt rund 8.300 Hörbücher erworben, wovon 75 Prozent auf Hörspiele und 25 Prozent auf Lesungen entfallen. Im gleichen Zeitraum haben die Umfrageteilnehmer an insgesamt knapp 800 Live-Events rund um das gesprochene Wort teilgenommen. Die Umfrage fand im August und September 2014 statt. Gut 9 von 10 Umfrageteilnehmern sind nach eigenen Angaben „Kassettenkinder“ (sie sind mit Hörspielen im Kassettenformat groß geworden). Die meisten Umfrageteilnehmer sind zwischen 35 und 45 Jahre alt.